„Herausnehmbar oder festsitzend?“ – Wo die Unterschiede zwischen diesen kieferorthopädischen Geräten liegen und wann welche Art zum Einsatz kommt

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Sie ist häufig zu hören in Gesprächen zwischen Kindern und Jugendlichen, aber auch unter Eltern – diese eine Frage nach den ersten Besuchen beim Kieferorthopäden: „Und, bekommst du eine herausnehmbare oder eine feste Spange?“
In der Regel stellen diese beiden Arten von „Zahnspangen“ aber keine Alternativen für eine Behandlung dar, sondern beide kieferorthopädische Apparaturen haben ihre ganz spezifischen Aufgaben. Mit bitte lächeln behalten Sie den Überblick – die nachfolgenden Informationen haben wir mit freundlicher Unterstützung der „Informationsstelle Kieferorthopädie“ zusammengetragen.

„Herausnehmbare Spangen“
Herausnehmbare Apparaturen korrigieren in der Regel weniger stark ausgeprägte Fehlstellungen sowie Größe, Form und Lage der Kiefer – und optimieren ihre Funktion. Beispiel gefällig? Der Oberkiefer ist schmaler als der Unterkiefer, zwischen den Zähnen oben und unten entsteht so eine Stufe. Hier dehnen dann herausnehmbare Apparaturen den Oberkiefer im notwendigen Umfang; damit gelangen auch die Zähne in eine natürlichere Position – und der Biss stimmt wieder.

Herausnehmbare Geräte bestehen in der Regel aus einer individuell im Labor angefertigten Kunststoffbasis mit Klammern und Korrekturelementen aus Edelstahldraht, zum Teil auch mit kieferorthopädischen Schrauben.

Vorteile herausnehmbarer Spangen: Es gibt keinerlei Schwierigkeiten beim Essen oder Zähneputzen. Ein Nachteil hingegen ist, dass diese kieferorthopädischen Geräte nur dann wirken, wenn sie auch getragen werden – gute Mitarbeit ist also entscheidend!
Je öfter die Spange getragen wird, umso besser und schneller reguliert sich das Gebiss. Daher sollte sie immer nachts und mindestens einige Stunden am Tag im Mund sein, beim Essen und beim Sport hingegen nicht. Auf keinen Fall sollte man mit dem Tragen der Spange über einen längeren Zeitraum aussetzen: Bereits nach wenigen Tagen können sich Zähne und Kiefer wieder in die alte Stellung zurückbewegen – und das monatelange fleißige Tragen war umsonst.

„Festsitzende Spangen“
Im Allgemeinen verwenden Kieferorthopäden festsitzende Apparaturen im bleibenden Gebiss zur Korrektur ausgeprägter Fehlstellungen sowie im Rahmen einer prächirurgischen oder präprothetischen Therapie.

Festsitzende Apparaturen bestehen aus Bändern, Brackets (das sind kleine Metall-, Keramik- oder Kunststoffplättchen), Drahtbögen und ggf. weiteren Behandlungs- und Verankerungselementen. Bänder fixiert der Kieferorthopäde mit Befestigungszement auf den Zähnen, Brackets halten mithilfe von Kunststoffkleber auf dem Zahnschmelz. In die Bänder und Brackets kommen dann Regulierungsbögen – so lassen sich die Zähne in die gewünschte Position bewegen. Schwierigkeiten bei der Eingewöhnung treten meist nur in den ersten Tagen auf.

Beeindruckende Fortschritte ließen sich in den letzten Jahren bei der Weiterentwicklung dieser kieferorthopädischen Apparaturen und Materialien beobachten: Brackets sind nun kleiner und dank teilweise zahnfarbener Materialien wie Keramik oder Kunststoff weniger auffällig. Für Regulierungsbögen wiederum gibt es heute neben Stahldrähten auch sehr flexible Drähte aus Titan-, Molybdän-, Nickel-, Kupfer- und Cobalt-Legierungen; diese bewirken Änderungen der Zahnstellung mit sehr schwachen und somit schonenden Kräften.

Besondere Spangen:

  • Außenspange (Headgear): Zum Verschieben der oberen Backenzähne nach hinten, um Platz zu schaffen und vorstehende Schneidezähne zurückbewegen zu können. Vielfach lässt sich durch das Tragen der Außenspange das Ziehen von Zähnen vermeiden.
  • Herbst-Scharnier, nach seinem Erfinder benannt, dem Zahnmediziner Emil Herbst: Zur Vorverlagerung und Wachstumsförderung des Unterkiefers; das Herbst-Scharnier besteht aus teleskopartigen Scharnieren, die an den oberen und unteren Seitenzähnen befestigt sind. Es erzielt ei­ne rasche Positionsänderung des Unterkiefers, weshalb ein Herbst-Scharnier besonders bei geringem Restwachstum sinnvoll sein kann (Abb. s.o. re.).
  • Gesichtsmaske: Bei einigen Patienten ist einer Unterentwicklung des Oberkiefers entgegenzuwirken. In diesen Fällen lassen sich das Wachstum des Oberkiefers und seine Entwicklung nach vorn gezielt fördern. Als günstigstes Behandlungsalter gilt die Zeit zwischen dem 6. und 8. Lebensjahr. Die Apparatur wirkt zwar aufwändig, doch mit ihrer Hilfe entwickelt sich der Oberkiefer meist so weit nach vorn, dass eine spätere operative Lagekorrektur nicht mehr notwendig ist (Abb. s. links).

Und was ist ein „Retainer“?
Es ist geschafft! Durch die kieferorthopädische Behandlung ließen sich die Zahnstellung verbessern, die Kiefer korrekt zueinander einstellen, die Funktion des Gebisses verbessern und ein äußerlich harmonisches Resultat erzielen. Kinder, Jugendliche und Erwachsene hat dies viel Einsatz und Mühe gekostet. Doch Vorsicht: Ohne abschließende Sicherungsmaßnahmen bleibt dieser Behandlungserfolg nur selten stabil, daher muss sich in einer Phase der Stabilisierung – auch Retentionsphase genannt – das Gebiss festigen.
Wie diese Retentionsphase genau abläuft, entscheidet der Kieferorthopäde bzw. die Kieferorthopädin. Nach einer Behandlung mit herausnehmbaren Geräten können diese beispielsweise einige Zeit weiter getragen werden, bei schrittweise reduzierter Tragedauer. Die Spange sollte immer gut und locker sitzen. Ein Klemmen oder eine schlechte Passform zeigen, dass sich die Zahnstellung noch verändert – dass also eine Rückfallneigung besteht.

Auch nach Entfernung einer festsitzenden Apparatur ist eine Stabilisierung erforderlich, und zwar so lange, bis sich die Zähne in ihrer neuen Position gefestigt haben. Hierzu wird beispielsweise ein hinter die Zähne fest eingeklebter Draht, ein sogenannter Retainer, verwendet.

Oftmals hegen Kinder, Jugendliche und Erwachsene Vorurteile gegen entweder herausnehmbare oder festsitzende Apparaturen. Fachzahnärzte für Kieferorthopädie nehmen sich gern Zeit, um über die unterschiedlichen Aufgaben beider Gerätearten aufzuklären, auf die individuelle Mundsituation einzugehen und eine optimale Lösung zu finden.